Wer viel mit dem Flugzeug reist, schädigt nicht nur seine Gesundheit und die Umwelt obendrein, er macht auch denkwürdige Erfahrungen, wie mit ihm als Passagier an Flughäfen umgegangen wird. Etwa beim Bustransfer vom Terminal zum Flugzeug, wenn das nicht direkt an einem Flugsteig mit Brücke angedockt hat sondern weit draußen auf dem Vorfeld eine Parkposition zugewiesen bekam.

Wer viel mit dem Flugzeug reist, schädigt nicht nur seine Gesundheit und die Umwelt obendrein, er macht auch denkwürdige Erfahrungen, wie mit ihm als Passagier an Flughäfen umgegangen wird. Etwa beim Bustransfer vom Terminal zum Flugzeug, wenn das nicht direkt an einem Flugsteig mit Brücke angedockt hat sondern weit draußen auf dem Vorfeld eine Parkposition zugewiesen bekam. Die Busfahrer sind meist grimmig drein schauende Menschen, die so aussehen, als würde ihnen ihre Arbeit überhaupt keinen Spaß machen. Missmutig beobachten sie, wie die Passagiere einsteigen, blicken argwöhnisch auf deren Handgepäck und schlenzen mit Verachtung das Türchen zu ihrem Platz am Lenkrad zu, wenn die Fuhre schließlich komplett ist.

Für die Fluggäste, die bereits zähe Check-in-Prozesse, entwürdigende Sicherheitskontrollen und weite Wege durch die Terminals hinter sich gebracht haben, beginnt jetzt die vielleicht härteste Prüfung ihrer Reise. Der Vorfeld-Bus hat nicht genügend Sitzplätze für alle. Schon weil viele Passagiere ihr Handgepäck lieber auf einen der spärlich gepolsterten aber halbwegs sauberen Sitze gestellt hat, als auf den meist schmutzigen Boden. Die Haltestangen und Griffe für die Stehplatznutzer sind schmierig und manch einer wünscht sich ein Desinfektionsmittel herbei, um einen schweißverklebten, talgbehafteten Griff zu Nutzen. Viele bleiben frei stehen.

Das aber rächt sich. Schon das Anfahren des Busses stellt sie vor unlösbare Balance-Aufgaben. In einer einträchtigen Bewegung wogt die Flut der stehenden Fahrgäste ein Stück nach hinten, greift einträchtig nach oben um Halt am Gestänge zu finden, Desinfektion hin oder her, jetzt gilt es, nicht zu Boden zu gehen. Der Bus fährt digital, der Fahrer scheint nur Gas oder Bremse zu kennen, selbst auf gerader Strecke variiert er das Tempo gern und oft, die Schar seiner Fahrgäste soll schließlich in Bewegung bleiben.

Damit ihre Muskeln bei diesen Übungen nicht überraschend und damit unaufgewärmt belastet werden, hat er vor Fahrtantritt die Heizung auf maximale Leistung gestellt. Was zunächst bei geöffneten Türen während des Einsteigevorgangs nicht auffiel. Sobald sich aber die Pforten geschlossen und die Räder in Bewegung gesetzt haben, strömt aus den Warmluftdüsen ein heißer Höllenwind, der beißende Düfte von Flugzeugbenzin in den Innenraum fächelt, zwar die Muskeln lockert aber den Fahrgästen heftige Schweißausbrüche beschert.

Dann steigert sich der Schwierigkeitsgrad, denn der Weg zum Flugzeug ist kein gerader, die erste Kurven-Kombinationen werden schwungvoll genommen und die Passagiere schwanken von der Querbeschleunigung getrieben von links nach rechts und wieder zurück. Zwischendurch muss überraschend die Vorfahrt gewährt werden, die Bremse funktioniert ebenfalls digital, gar nicht oder voll.

Endlich ist die Parkposition des Flugzeugs erreicht, voller Erwartung wenden sich die Passagiere den Türen zu, um endlich der Höllenglut zu entkommen. Doch sie öffnen sich nicht. Ein Raumpfleger mit gelber Warnweste muss noch die Treppe heruntersteigen, dann könnte die Kabine fertig vorbereitet sein. Tatsächlich: Ein Flugbegleiter hält die Nase in den Wind und signalisiert dem Busfahrer mit nach oben gerecktem Daumen, er könne nun die Türen öffnen und die Passagiere umsteigen lassen. Der Mann am Buslenkrad aber interessiert sich zur Zeit für eine A380, die sich gerade formatfüllend auf dem Taxiway vorbeischiebt. Ist spannender als sich um seine Fahrgäste zu bemühen. Endlich ist der Flieger vorbei und nach einer gar nicht kurzen Phase der Erkenntnis entlässt der Chauffeur endlich seine Passagiere vom mobilen Marterpfahl. Gute Reise!

Michael Kirchberger